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Kölsch, Köbes und Flönz: eine Brauhaus Tour durch die Kölner Südstadt

Warum sind die Kölner Köbesse eigentlich so unfreundlich? Eine Antwort auf diese Frage bekomme ich im Dezember 2017 auf einer Brauhaus Tour durch die Kölner Südstadt.

Ich bin in Sachen Bier unterwegs. Nachdem wir tagsüber schon in Dortmund im Biermuseum und in der Privatbrauerei Moritz Fiege waren, kommen wir am Abend in der Domstadt an. Wir, das sind vier Blogger, die auf Einladung von DeinNRW unterwegs sind, „das Bier zu retten„.

Ein wenig desorientiert stehen wir später vor dem Brauhaus Malzmühle. Unser Programm sagt uns, das wir hier zu einer Brauhausführung verabredet sind. Aber keiner von uns weiß genau, wo wir eigentlich hinmüssen. Also betreten wir erst einmal das Brauhaus. Ich schaue mich um: hier sieht keiner aus, als ob er gleich eine Brauhausführung mit uns machen wird. Eine bunte Mischung Touristen und Einheimische sitzt an den Tischen und schenkt uns keine Beachtung. Warum sollten sie auch? Sind sie doch Gäste wie wir auch. Also nehmen wir uns ein Herz, gehen auf einen Köbes zu und fragen vorsichtig nach der Brauhaustour. „Keine Ahnung. Da kann ich euch nicht helfen“, bellt uns der Köbes kurz und knapp als Antwort zu. Ein wenig eingeschüchtert setzen wir uns an einen Tisch und beruhigen uns erst einmal mit einem Mühlenkölsch. Kurze Zeit später gehen wir wieder vor die Tür und treffen dort auf eine freundlich lächelnde junge Frau. Puh, Glück gehabt. Die junge Frau ist Anne von Stadtimpressionen Köln. Sie wird uns an diesem Abend durch die Brauhäuser der Südstadt führen.

Brauhaus Malzmühle

Dunkles Holz an den Wänden, einfache Holztische und -Stühle, ein Interieur, das an die 50er Jahre erinnert. So empfängt uns das Brauhaus, als wir durch den schweren Vorhang im Eingang des Brauhaus Malzmühle treten.

Einfache Holztische und -stühle. Das Ambiente in einem Brauhaus ist eher rustikal
Einfache Holztische und -stühle. Das Ambiente in einem Brauhaus ist eher rustikal

„Hee stonn diejinnige, die immer hee stonn“, steht auf einem Schild über einem Stehtisch. Und tatsächlich, im Brauhaus trifft man nicht nur auf Touristen. Von mehreren Tischen höre ich den singenden Klang des Kölschen Dialekts. Ich werde beinah ein wenig wehmütig dabei, denn ich habe vor beinah 20 Jahren für einige Zeit in Köln gelebt und auch lange hier gearbeitet.

Vom Beichtstuhl aus werden die Geschicke im Brauhaus gelenkt
Vom Beichtstuhl aus werden die Geschicke im Brauhaus gelenkt

Wo heute das Brauhaus Malzmühle steht, stand früher tatsächlich eine solche Mühle. Hier kauften die kleinen Brauereien ihr Malz, denn nur zünftige Brauer durften die Gerste selbst schroten.

Nur, wer im Kölner Stadtgebiet braut, darf sein Bier Kölsch nennen.

Lernen wir von Anne, während wir zu Einstimmung auf den Abend ein leckeres Mühlenmalzbier trinken. Das Brauhaus wurde im zweiten Weltkrieg leider komplett zerstört. Nur der Eingangsbereich ist erhalten geblieben. Neben dem Brauhaus gibt es ein kleines Hotel.

Anne von der Agentur Stadtimpressionen Köln
Anne von der Agentur Stadtimpressionen Köln

[icon name=“hand-o-right“]    Gut zu wissen

Wenn Dein Kölschglas leer vor Dir steht, wird es vom Köbes automatisch durch ein Volles ersetzt. Hast Du genug Kölsch getrunken? Dann einfach den Bierdeckel auf das leere Glas legen.

[icon name=“beer“]   Fun fact

In der Suite des Hotels zur Malzmühle gibt es neben dem Kalt- und Warmwasserhahn im Badezimmer einen Hahn, aus dem das leckere Mühlenkölsch fliest.

Zum alten Brauhaus

Wir verlassen das Brauhaus Malzmühle und spazieren bis zur Severinsstraße. Hier stand bis 1998 die Privatbrauerei Heinrich Reissdorf. Nachdem kein Platz mehr für Erweiterungen war, zog die Brauerei nach Köln-Rodenkirchen. Die alten Gebäude im Severinsviertel wurden abgerissen  und an der Stelle entstand das neue Brauhaus „Zum alten Brauhaus„.

Hier stand früher die Brauerei Reissdorf. Heute kann man an diesem Ort weiterhin das leckere Bier im "Zum Alten Brauhaus" trinken
Hier stand früher die Brauerei Reissdorf. Heute kann man an diesem Ort weiterhin das leckere Bier im „Zum Alten Brauhaus“ trinken

Während wir gemütlich um einen runden Tisch neben der Theke stehen und vom Zappes ein kühles Reissdorf serviert bekommen, erzählt uns Anne, warum das Kölsch Ende des 19. Jahrhunderts beinah ausgestorben wäre:

Mit Erfindung der Eismaschine im Jahr 1879 wurde das Brauen von Bier deutlich einfacher. Man musste nicht mehr unbedingt obergäriges Bier brauen. Aus irgendeinem Grund lies die Qualität des Kölsch immer mehr nach. So wechselten immer mehr Brauereien zum Pils über, bis in den 50er Jahren nur noch 10% Kölsch gebraut wurde. Die Qualität des Kölsch war so schlecht, das aus dieser Zeit der Spruch

Das kannst Du keinem Esel in die Ohren schütten

stammt. Erst die Brauerei Sion erinnerte sich an ihre Ursprünge und überzeugte die Brauereien, wieder hochwertiges Kölsch zu brauen. Mit Erfolg appellierte man an den Lokalpatriotismus, die Kölner sollten wieder leckeres Kölsch trinken. Wer heute in einer Kölner Kneipe ein Pils, oder noch schlimmer, ein Altbier bestellt, wird beinah geächtet.

Der Zappes zapft das Kölsch, der Köbes bringt es an den Tisch
Der Zappes zapft das Kölsch, der Köbes bringt es an den Tisch

Früh em Veedel

Ein erfrischender Spaziergang durch das Severinsviertel bis zur Severinstorburg bringt uns zur letzten Station unserer Brauhaustour. Das Früh em Veedel ist eine der ältesten Kneipen Kölns.

Im Früh em Veedel hat es mir richtig gut gefallen
Im Früh em Veedel hat es mir richtig gut gefallen

Hier gefällt es mir richtig gut. Im Gegensatz zum doch recht neuen „alten Brauhaus“ wirkt dieses hier autentisch. Es gibt die klassische Aufteilung zwischen der Schwämme, dem Thekenbereich, wo die Leute bei einem Kölsch sitzen und dem Gastraum, wo man sich an einen Tisch setzt, wenn man etwas essen möchte. Und genau das machen wir dann auch.

Die Schwemme im "Früh em Veedel"
Die Schwemme im „Früh em Veedel“

Als ich die Speisekarte in der Hand halte, bin ich hin- und hergerissen. Soll ich das Kölner Nationalgericht „Himmel un Äd“ essen? Traue ich mich an die Flönz, also gebratene Blutwurst ran? Ja, ich traue mich. Aber als der Teller dann vor mir steht, verlässt mich dann doch ein wenig der Mut. Das Kartoffelstampf (Äd, Erde) und das Apfelmus (Himmel) schmecken sehr lecker. Aber die Flönz zu probieren kostet mich doch mehr Überwindung, als ich gedacht habe.

Himmel un Äd met Flönz
Himmel un Äd met Flönz

Mit einem letzten leckeren Früh beschließen wir einen super schönen Abend. Ich habe süffig gertunken, lecker gegessen und vor allem sehr viel über Kölsch und die Brauhauskultur gelernt. Warum die Köbesse so unfreundlich sind, das solltet ihr auf einer Tour selbst herausfinden.

Fazit: Ich kann euch eine Tour durch die Südstadt nur empfehlen. Trommelt ein paar Freunde zusammen, bucht die Tour und ihr werdet jede Menge Spaß haben.


Mehr zum Thema

[icon name=“ticket“]    Hier kannst Du die Brauhaus-Tour durch die Kölner Südstadt buchen

Stadtimpressionen Köln
Michaelshovener Str.10
50999 Köln

Kleines Brauhaus ABC

Beichtstuhl

siehe auch Thekenschaaf

Köbes

Als Köbes wird in Brauhäusern im Rheinland der Kellner bezeichnet.

Kölschstange

Das schmale, zylindrische Glas, in dem Kölsch serviert wird. Eine Kölschstange fasst grundsätzlich 0,2 l Kölsch. Würde sie mehr fassen, würde das Bier wegen seines geringen Kohlesäuregehalts schnell schal werden. Die Kölschstange wird vom Köbes im Kranz serviert.

Kranz

Der Kranz ist eine runde Vorrichtung mit Griff, in der der Köbes die Kölschstangen transportiert.

Schwemme

Die Schwemme ist der Bereich im Brauhaus, wo der Gast „nur“ sein Kölsch trinkt. Gegessen wird im Gastraum. Viele Brauhäuser hatten früher – manche sogar noch heute – sogar zwei eigene Eingänge. Einen für die Schwemme, einen für den Gastraum.

Thekenschaaf 

Das Thekenschaaf, oft auch Beichtstuhl genannt, ist der Bereich im Brauhaus, von dem aus die Gastwirtschaft gesteuert wird. Oft ist das Thekenschaaf eine hölzerne Kabine mitten im Brauhaus.

Zappes

Der Zappes steht hinter der Theke, zapft das Bier und gibt es an den Köbes weiter.

Offenlegung

Diese Reise wurde ermöglicht durch das Projekt „Gutes aus NRW genießen“, das durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert wird. Ich habe für diese Reise kein Honorar erhalten, meine Begeisterung für unser schönes Nordrhein-Westfalen kommt von ganz alleine.

Mein besonderer Dank geht an Julie Sengelhoff, Silke Dames und Valeria Melis von Tourismus NRW e.V. Ich hatte eine tolle Zeit mit Euch.

Hallo, ich bin Heike. Geboren bin ich am linken Niederrhein, wo ich zusammen mit meinem Mann Stefan lebe. Meine Reisen finanziere ich als freiberufliche IT-Beraterin, sitze also die meiste Zeit am Schreibtisch. Meine Leidenschaft gilt allem, was mich aus dem Haus bringt: dem Reisen, Tagesausflügen, Wochenend- und Städtetouren. Und wenn ich dann wieder zu Hause bin, teile ich meine Eindrücke darüber gerne mit euch auf meinem Reiseblog.

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