
Eine Bootstour in Friesland
„Ach, was beneide ich die Niederländer um ihre Wassersportmöglichkeiten“, denke ich, während unser Boot über die kleinen Seen und Wasserwege im Nationalpark De Alde Feanen gleitet. Der Fahrwind zerzaust mein Haar, die Sonne wärmt mich, und überall um mich herum grüßen scheinbar zufriedene, glückliche Menschen von ihren Hausbooten.

Foto: Sylvia Heimes
Zusammen mit ein paar Freunden sind mein Mann und ich für einen Tag im Norden der Niederlande unterwegs. Wir haben zwei Boote gemietet und wollen uns einen schönen Tag auf dem Wasser machen.
Das Alde Feanen (westfriesisch, altes Fenn) ist eine Sumpflandschaft in der niederländischen Provinz Friesland. Wie auch in meiner Heimat Nettetal, sind die Seen hier durch Torfabstechung entstanden. Seit 2006 ist dieses Gebiet Nationalpark.
Früh am morgen, gefühlt noch mitten in der Nacht, machen wir uns auf den Weg in Richtung Leeuwarden. Vor uns liegt eine dreistündige Fahrt. Die Straßen sind leer, der Kaffee im Thermobecher dampft vor sich hin. Das Wetter scheint richtig schön zu werden. Meine Vorfreude steigt mit jedem Kilometer, den wir unserem Ziel näher kommen.
Im kleinen Ort Earnewâld haben wir für 9 Uhr zwei Boote gemietet. Mit ein paar Minuten Verspätung kommen wir beim Bootsverleiher an. Unsere Boote stehen frisch geputzt und vollgetankt für uns bereit.
Bootfahren ohne Führerschein?
Keiner von uns hat einen Bootsführerschein. Und trotzdem dürfen wir ganz offiziell mit unseren Booten über die Seen fahren? Ja, das ist erlaubt. Denn, anders als in Deutschland, sind in den Niederlanden Boote, die kürzer als 15 Meter sind und nicht schneller als 20 km/h fahren können, führerscheinfrei.
Leichte Startschwierigkeiten
Da wir schon ein wenig Erfahrung mit dem Bootfahren haben, reicht eine kurze Einweisung und schon geht die Fahrt los. Ein wenig überrascht ist Stefan dann doch im ersten Moment. Während wir in den Kagerplassen mit einem Flüsterboot, also einem Boot mit Elektromotor gefahren sind, haben wir jetzt ein kleines Motorboot.
Das Motorboot ist etwas schneller als das Flüsterboot und dadurch etwas ruppiger zu bedienen. Nach ein paar schaukelnden Versuchen hat er den Dreh zwar raus, gibt das Steuer aber doch lieber an unseren Freund Thomas ab. Der fährt uns dann, als ob er sein Leben lang nichts anderes getan hat.

Über Wasserwege mit friesischen Namen wie Fokkesleat gleiten wir gemütlich in den Vormittag. Wir sind natürlich nicht die einzigen hier. An den Ufern liegen Hausboote oder kleine Jachten. Mein Onkel, der selbst ein Boot am Ijsselmeer liegen hat, erzählt mir später, dass man in den Niederlanden überall anlegen darf. Nur da nicht, wo es explizit gekennzeichnet ist.

Die Menschen auf den Jachten wirken sehr freundlich. Zu Beginn traue ich mich beim Vorbeifahren kaum, zu ihnen hinzuschauen, wie sie mit einer Tasse Kaffee auf ihrem Boot sitzen und den Morgen genießen. Ich möchte ja nicht neugierig sein. Aber die meisten winken uns freundlich zu. Und bei den Booten, die einem entgegenkommen ist es sowieso wie mit den Motorradfahrern: man grüßt sich.
Und so fahren wir über die Kanäle und Seen gemütlich durch die Landschaft. Ab und an warten auf uns eine kleine Herausforderung. In Grou beispielsweise warten wir ziemlich lange an der Brücke, bis die Ampel grün wird. In der Mittagszeit ist hier ganz schön viel Betrieb auf dem Wasser.


Mittagspause in Grou
Eigentlich wollen wir die Mittagspause in unserem Boot verbringen. Unsere Freundin hatte nämlich im Internet die witzigste Grillstube ever entdeckt: Das Drijf-Langs BBQ. Hier bestellt man sein Essen online oder per Telefon vor und fährt dann am Boot vor, um es sich abzuholen. Leider liegt dieses Boot heute nicht auf unserem Weg.

Die Alternative, die wir dann finden, ist allerdings auch nicht schlecht. Irgendwie hat es ja auch was, mit dem Boot anzulegen und dann ins Restaurant am Anleger zu gehen.
Im Het Theehuis essen wir leckere Pommes, was ja – wenn man so will – auch zum Pflichtprogramm eines jeden Ausflugs in die Niederlande gehört.

Der Nachmittag im Nationalpark
Am Nachmittag kommen wir wieder in den eigentlichen Nationalpark. Zur Erklärung: Das gesamte Wassersportgebiet ist deutlich größer als der eigentliche Nationalpark. Unser Vermieter hat uns eine Karte mitgegeben, in der er ein paar besonders idyllische Wege eingezeichnet hat. Wir nehmen den Tipp gerne an. Es ist einfach nur wunderschön und entspannend, durch die tieferstehende Sonne zu fahren. Die Wasserstraßen sind hier sehr viel enger. Es wirkt alles viel gemütlicher. Ab und an kommt uns ein Boot entgegen. Aber auf vielen Wegen sind wir tatsächlich alleine.

Am späten Nachmittag geben wir unsere beiden Boote wieder ab. Was war das ein herrlicher Tag. Der Tank ist fast leer, aber es hat tatsächlich für einen Tag gereicht. Wir hatten unterwegs nach einer Tankstelle Ausschau gehalten. Es gab zwar einige, aber die hatten alle nur Diesel. Und unser kleines Bötchen braucht Benzin. Also haben wir es drauf ankommen lassen und es hat geklappt. Unser Bootsverleiher ist fair und nimmt für den verbrauchten Sprit nahezu den Kurs, den wir an einer Tankstelle auch bezahlt hätten.
Hier haben wir unsere Boote gemietet. Das ist keine Werbung, da wir alles selbst bezahlt haben. Wir waren sehr zufrieden. Die Boote waren absolut in Ordnung, die Verleiher super freundlich und die Preise angemessen.
Hollema Verleih
Tsjerkepaed 5
9264 TG Earnewâld
Telefoon: 00.31.511.539213
E-mail: info@hollema.nl


5 Comments
Manuel
Ich danke Ihnen für den interessanten Artikel. So eine Bootstour ist wirklich etwas tolles. Leider ist das momentan etwas schwierig.
Mit besten Grüßen
Manuel
Heike
Leider nur zu wahr.
Christopher Seidel
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen
Heike
Danke schön.
Benjamin Neuenhof
Meine Frau und ich würden gerne eine Bootstour machen. Wichtig zu erfahren war, dass man gewisse Bootsarten auch führerscheinfrei fahren darf. Wir werden im Internet nach passenden Booten gucken, die wir mieten können.